Ich denke gerne daran zurück, an diese zwei Wochen im Mai in Irland. Wir wanderten um den Ring of Beara, über Hügel und vor allem über Wiesen, sahen viele Schafe mit ihren Babies, aber auch Kühe, ebenfalls bei ihrer Familie. Sie waren zusammen und blieben es auch. Niemand riss sie auseinander. Friedlich weideten sie, beäugten uns mit einer Mischung aus Neugier und Scheu. Sie schienen Menschen gewohnt zu sein. Aber vor allem, sie hatten ein Leben, zumindest so viel, wie es für ein sog. Nutztier in unserer Gesellschaft möglich ist. Sicher, auch sie werden geschlachtet, aber es ist die beste aller Möglichkeiten unter den gegebenen Umständen, dass wir immer noch in einer Gesellschaft leben, in der die Mehrheit meint, Fleischverzehr sei unverzichtbar. Und der Pullover aus Schafwolle.
Aber dann holt mich die Realität vor der eigenen Haustüre wieder ein. Ich denke an Dich, Du kleines Ferkel, das Du immer noch nicht mit Deiner Mutter kuscheln kannst, nicht mit ihr spielen, die Dir kein Nest bauen wird, weil sie eingesperrt ist in einem körperengen Käfig. Es tut mir so leid, dass Du immer noch darin liegen musst, Du liebes, sanftes, wunderbares Geschöpf – und ich kann nichts dagegen tun. Und ich frage mich, sieht das denn keiner? Ist es wirklich so einfach, das hinzunehmen, diese Quälerei? Wie nur bringen wir es fertig, Euch so zu behandeln, ohne sofort zu sagen, ich ertrage es nicht länger. Ich mache jetzt alle Käfige auf und lasse Euch frei. Es bleibt ein frommer Wunschtraum, denn wohin solltet ihr?

Ich denke daran, dass man Euch immer noch bei vollem Bewusstsein die Hoden herausreißen darf. Und ich möchte hingehen, das Messer entwenden, bitten, flehen, lasst sie doch, sie werden doch noch nicht einmal so alt, dass sie die Geschlechtsreife erreichen. Warum muss man ihnen neben all den Qualen, dem Abschleifen der Zähne, dem Kupieren der Schwänze, das auch noch antun? Warum zählt das billige Schweinefleisch so viel mehr, als ihr Wohlergehen?

Wohlergehen, das ist doch erst der Anfang Eures Martyriums. Eingepfercht, zusammengepfercht auf harten Betonböden, über den eigenen Fäkalien, müsst ihr den Rest Eures kurzen Lebens, diese wenigen Monate, dahinsiechen. Und ihr bleibt freundlich und gutmütig. Wenn jemand zu Euch in die Bucht kommt, so ein Mensch, der auch quält, dann lauft ihr freudig und neugierig hin, als würdet ihr die Hoffnung nicht aufgeben, dass ihr doch noch hinausdürft, nicht aufgebt, bis zum letzten Tag. Und ich würde Euch allen gerne ein Leben ermöglichen, ein Schweineleben mit Wühlen in der Erde und Suhlen im Schlamm und Herumlaufen und Spaß haben. Aber ich kann es nicht. Ich sitze hilflos daneben und kann nichts anderes, als zuschauen, wenn Euer Leben so vernichtet wird, vom ersten Tag an. Ich würde Euch so gerne helfen, aber ich kann es nicht, weil es erlaubt ist, gesetzlich gedeckt, Euch zu massakrieren, aber es verboten ist, Euch ein Leben zu ermöglichen. Als wenn das so viel verlangt wäre. Doch ist es, denn schon das kleinste bisschen Verbesserung dieser Unlebenssituation stößt auf heftigsten Widerstand.

Genauso denke ich an die Kühe, verschleppt, ausgebeutet, massakriert – und dennoch lassen sie sich brav und folgsam führen, bleiben, wohin der Mensch sie stellt, lassen geschehen, was ihnen angetan wird. Ich höre sie schreien, wenn man ihnen die Babies wegnimmt, aber sie lassen es geschehen. Sie bocken vielleicht ein wenig, wenn man sie auf den Transporter zerrt, aber vielleicht, ganz vielleicht geht es an einen besseren Ort. Ich weiß, es gibt in dieser Welt für Euch keinen guten Ort. Der Tod ist Erlösung aus den immerfort währenden Qualen. Und ich sitze auch hier daneben und kann nichts tun für Euch, nichts. Ich fühle mich so hilflos. Du stupst mich an, wenn mir die Tränen über die Wangen laufen, weil es so weh tut, da zu sitzen, zu sehen, zu erfahren, und doch nichts ändern zu können.

Ich sehe Euch festgezurrt in kleinen Käfigen, vorbereitet für qualvolle Versuche, die man mit Euch anstellt. Allesamt völlig sinnlos, als hätten die, die es machen Spaß daran, den Schmerz zu sehen und das Leid oder einfach an der Macht, mit anderen tun zu können, was sie wollen. Nicht das kleinste bisschen körperlicher Integrität wird Euch zugestanden. Aber nicht sie machen sich schuldig, sondern ich, wenn ich den Käfig öffne und Dich heraushole aus dieser menschenerdachten Hölle auf Erden.

Milliarden jedes Jahr, Opfer der menschlichen Gier und des Wahns, alle beherrschen und unterdrücken zu dürfen. So viele, die aktive Täter sind. So viele, die die die Täter einfach machen lassen, ja sie noch verteidigen. Und so wenige, die den Schmerz und das Leid sehen und fühlen. Und dennoch bin ich mit schuldig, in all meiner Hilflosigkeit. Nie wieder werden wir gut machen können, was wir an Euch verbrechen, jeden einzelnen Tag, und doch seid ihr bereit zu leben, einfach nur zu leben, wenn man Euch die Chance dazu gibt.

Und ich wünschte, ich könnte den Tag noch erleben, an dem alle leben dürfen, frei und unbehelligt, ihr lieben, wunderbaren Mitgeschöpfe.
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