Tierquälerei zahlt sich aus

Deutschland und Österreich zählen angeblich zu den Ländern, in denen der Tierschutz sehr wichtig ist. Sieht man sich die entsprechende Gesetzgebung an, so möchte man fast meinen, das könnte was Wahres dran sein. So steht gleich zu Anfang des österreichischen Tierschutzgesetzes Folgendes:

§ 1 TSchG: Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.

Dem Gesetz entsprechend haben wir „das Tier“ als „Mitgeschöpf“ zu verstehen und als solches steht es in unserer Verantwortung es zu schützen und dafür zu sorgen, dass es sich wohlfühlt. Deshalb ist es wichtig den Paragraph 5 dazuzulesen, denn dort wird aufgeführt, was diesem Wohlbefinden offenbar widerspricht:

§ 5 TSchG: Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

Demgegenüber steht das Deutsche Tierschutzgesetz, das beide Paragraphen des österreichischen Pendants in eins fasst, wie folgt:

§ 1 TSchG: Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Man ist sich also einig, dass man einem „Mitgeschöpf“, ein Begriff, der sehr ausdrucksstark ist, weil das Tier als solches gesehen wird. Nicht nur einfach als anderes, sondern als Geschöpf, das mit uns da ist – also nicht für uns. Darüber hinaus, darf man diesem Mitgeschöpf keine Schmerzen, kein Leiden oder Schäden zufügen, in Österreich ist auch das in Angstversetzen verboten, allerdings – da kommt die Einschränkung – nicht ohne vernünftigen Grund bzw. ungerechtfertigt. Daran zeigt sich das Perfide, denn Gesetzestexte wollen genau gelesen werden. Man darf es also doch, Mitgeschöpf hin oder her, wenn man einen vernünftigen Grund hat bzw. es rechtfertigen kann. Aber was ist ein vernünftiger Grund bzw. wann ist es gerechtfertigt? Darüber schweigt sich der Gesetzgeber aus.

Sieht man sich die Praxis der Tierausnutzungsindustrie, so ist die Gewinnung von Fleisch, Milch, Eiern etc., also zusammengefasst, von tierlichen Produkten bzw. von angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, Grund genug, unseren Mitgeschöpfen Schmerzen, Leiden, Schäden zuzufügen und sie in schwere Angst zu versetzen. Wenn dem nämlich nicht so wäre, so müsste die gesamte Industrie sofort geschlossen werden, denn das Leben der sog. Nutztiere ist ein einziges, grauenhaftes, nicht wegzudiskutierendes Martyrium. Dennoch wird es geduldet bzw. hingenommen, weil es aus menschlich-speziesistischer Sicht ein vernünftiger Grund ist bzw. alles rechtfertigt.

Dennoch kommt es selbst in dieser fundamental grausamen Industrie immer wieder zu Vorfällen, die an Grausamkeit kaum zu überbieten sind. So ergaben die Recherchen der Tierrechtsorganisation SOKO Tierschutz im Jahr 2018, dass in einem Schlachthaus in Bad Iburg[1] massive Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, die systematisch begangen wurden. Man sieht Rinder, die ohne Betäubung an Ketten, liegend, aus dem Lastwagen gezogen wurden, unter Einsatz von Tritten, Schlägen und Elektroschocks. Eigentlich dürfen kranke Tiere nicht mehr in den Schlachthof kommen, sondern müssen am Hof versorgt werden. Doch die tierärztliche Betreuung ist offenbar zu teuer, so dass diese nicht nur unterbleibt, sondern sogar mit diesen Tieren noch Geld verdient werden soll. Wer das Video sieht, weiß wie weit das Märchen von der humanen Schlachtung, das uns immer aufgetischt wird, an der Realität vorbeigeht. Das waren auch keine Einzelfälle, sondern tagtägliche Praxis. Dank der Arbeit von SOKO Tierschutz wurden 70 Fälle zur Anzeige gebracht, wovon dem Geschäftsführer Heinrich Wilhelm B. Beteiligung an 60 Fällen vorgeworfen wird. Und der Schlachthof wurde geschlossen.

Eigentlich müsste man annehmen, dass die Angeklagten nach so vehementen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, entsprechend bestraft werden würden. Doch das Urteil, das letztlich gesprochen wurde, ist ein Schlag ins Gesicht von jeder, die noch irgendwie an Rechtsstaatlichkeit geglaubt hatte. Zwei Jahre Haft erhält der Hauptangeklagte – aber nicht, dass er diese Haftstrafe antreten müsste, denn diese ist auf Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich muss er € 3.000,– zahlen. Seine beiden Angestellten erhalten je neun Monate, ebenfalls auf Bewährung und € 2.000,– bzw. € 1.500,– Geldstrafe. Man kann dem nur fassungslos gegenüberstehen.

Was dabei zurückbleibt ist das Gefühl, dass man mit den Tieren, unseren so huldvoll als Mitgeschöpfe bezeichneten Wesen, umgehen darf, wie immer man auch will, man darf seine sadistischsten Neigungen an ihnen ausleben, so lange es sich um industrielle Nutzung handelt. Letztlich schaut ja niemand hin. Und wenn dann doch mal etwas ans Tageslicht der Öffentlichkeit dringt, was solls, es wird sowieso als Delikt nicht ernstgenommen. Aber was soll man tun, wenn man sich nicht mehr auf die Gerichte verlassen kann? Letztlich nur, selbst mitzuhelfen, dass immer weniger unserer Mitgeschöpfe diesem System unterworfen werden, indem man als Konsumentin daraus aussteigt. Alles andere ist verlorene Hoffnung.


[1] https://www.soko-tierschutz.org/post/fu%C3%9F-zerfetzt-und-in-den-tod-geschleift

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