Milch ist gesund und gut für Dich. Milch stärkt die Knochen und soll sogar schlau machen, wie es die NÖM-Werbung suggeriert. Seit den 60er Jahren wird uns dieses Ammenmärchen erzählt und wir glauben es. Untermalt wird das von Szenarien glücklicher Kühe auf der Weide, lustig herumspringenden Kälbchen und der ganzen bäuerlichen Idylle, die uns die Werbung so gerne suggeriert. Wenn es den Tieren eh so gut geht und dieses wunderbare, weiße Getränk so gut für uns ist, warum sollten wir es lassen? Milch ginge vielleicht noch, aber Käse, der ist so schrecklich gut. Darauf können manche nie verzichten, wie sie meinen.
Auch ich habe es lange geglaubt. Man ließ auch keine anderen Stimmen aufkommen. Zu stark war und ist die Lobby, die die Milch kolportiert. Doch eines Tages war ich bei meiner Tante auf Besuch, mitten in der idyllischen Steiermark. An einem sonnigen Nachmittag beschloss ich einen Spaziergang zu machen, aus dem Dorf hinaus, zwischen Feldern und kleinen Wäldchen führte mich mein Weg. Auch an einem Bauernhof vorbei. Der Stall war geschlossen, so dass ich nicht sehen konnte, was für Tiere darinnen waren. Doch plötzlich erhob sich ein durchdringendes Muhen, die Stalltüre ging auf und auf einer Schubkarre wurde ein etwas herausgeführt. Ich folgte dem Weg, bis das Etwas an der Hinterseite des Stalles in einem kleinen Verschlag abgeladen wurde. Da endlich erkannte ich, dass es ein Kalb war, ein frischgeborenes, kleines Kälbchen. Ich konnte mich nicht enthalten zu fragen, warum es denn da hinten, mutterseelenallein – in wahrsten Sinne des Wortes – untergebracht wurde. „Immer diese Städter, die keine Ahnung haben“, ging mich der Bauer an, „Was meinst denn, was des Viech macht, es trinkt uns die ganze Milch weg. Außerdem ist das ein Bullenkalb, das ist sowieso für nichts Nutze.“ Sprachs und verschwand, und ich stand verdattert da. Nichts mit Idylle, Mama mit Kind, nichts mit Weide, stattdessen Anbindehaltung. Und sie schrien nacheinander, Mutter und Kind, herzzerreißend, doch den Bauern ließ es kalt.
Ich war traurig und wütend. Traurig, dass so etwas überhaupt passierte, ohne dass es jemanden zu stören schien. Wütend, weil uns all diese Vorgänge vorenthalten werden und wir glauben, was uns weisgemacht wird. Aber auch, weil ich mich so hilflos fühlte. Tatenlos musste ich zusehen, wie fühlende, liebende Lebewesen gequält wurden. Die Idylle gab es nicht, nur Leid und Elend. Aber stimmte wenigstens der Rest, mit der gesunden Milch? Nicht einmal das war wahr. Ja, Milch ist gesund, für das Baby – und zwar das Baby der Spezies, dessen Muttermilch es trinkt. Einfach ausgedrückt, Menschenmuttermilch ist für Menschenbabys, Hundemuttermilch ist für Hundebabys, Elefantenmuttermilch ist für Elefantenbabys und Kuhmuttermilch ist für Kuhbabys. Die Inhaltsstoffe sind genau darauf abgestimmt, so dass das Baby, das richtige, genau die Nährstoffe erhält, die es braucht. Beim Menschen, noch dazu bei einem ausgewachsenen, führen die Wachstumshormone in der Milch zu wuchernden Zellen, man nennt es auch Krebs und das tierliche Kalzium ist schlecht für die Knochen. Und dafür, dass wir etwas zu uns nehmen, das uns gar nicht gut tut, werden Kühe jedes Jahr zwangsgeschwängert, um ihnen nach der Geburt das Baby wegzunehmen, es ebenfalls auszubeuten oder wie Abfall zu entsorgen, weil es männlich ist und keine Milch gibt, sie auszubeuten durch unnatürliche Milchleistung, bis sie mit wenigen Jahren so kaputt sind, dass sie nur mehr für den Schlachter taugen. Letztendlich gibt es fast nur Verlierer*innen, doch die Werbemaschinerie dreht sich unaufhörlich weiter, während die Menschen lieber die Lügen glauben, die sie seit der Kindheit kennen, als der Wahrheit, die dem diametral entgegensteht. An die Lüge muss man glauben – von der Wahrheit kann man sich selbst überzeugen, so man es denn will.
Und ich kann nicht aufhören an dieses kleine Kuhbaby zu denken, dass, kaum auf der Welt, schon abgeschoben wird. Dabei ist es ein Leben, das nichts wollte, als mit seiner Mama zu sein. Stattdessen steht es alleine draußen, verlassen, traurig und jeder Witterung ausgesetzt. Und es scheint allen egal zu sein. Wie weit ist die Menschheit gesunken, dass solche Vorgänge wortlos hingenommen, ja negiert werden? An ihren Taten sollt ihr sie messen, heißt es, vor allem an jenen, die die Schwächsten und Hilflosesten betreffen, wie eine Mutter und ihr Baby.
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