Anna stürmte in die Küche, in der ihr Vater saß und jausnete. „Wo sind Mathilde & Max hingekommen? Was macht das fremde Pferd in ihrer Box?“, fragte Anna rundheraus. „Das Pferd steht dort, die Besitzerin zahlt eine Menge Stallgebühren und da musste ich die beiden weggeben“, antwortete der Vater ungerührt. „Aber das waren meine Tiere!!! Die kannst Du nicht einfach hergeben“, beharrte Anna. „Hast Du das schriftlich?“, fragte der Mann ruhig. Anna ließ sich kraftlos auf einen Stuhl fallen. War das jetzt ernstgemeint? Ihr wurde schwindlig. „Ich habe Dir die Tiere abgekauft und meinte, dass ich Dir vertrauen kann“, sagte sie tonlos, worauf der Vater nur mit den Schultern zuckte, als ginge es ihn nichts an, als hätte er damit nichts zu tun, so dass Anna wütend wurde. Adrenalin durchflutete sie und gab ihr neue Kraft. „Wo sind sie hin? An wen hast Du sie verscherbelt, Judas?“, forderte sie zu wissen. „Auf dem Weg zum Schlachthof“, gab der Vater zu. „Vielleicht kann ich sie noch retten“, dachte Anna, sprang auf, lief auf den Hof und brauste mit dem Transporter ihres Vaters davon, „Zumindest muss ich es probieren.“ Hinter ihr hörte sie die erboste Stimme ihres Vaters, doch es war ihr egal. Er hatte sie verraten, doch sie ließ es nicht zu, zu weinen. Dafür war jetzt keine Zeit.
Eine Stunde später bremste sie am Tor des Schlachthofes scharf ab, sprang aus dem Auto und ging direkt auf die Halle zu, von der sie wusste, dass darin getötet wurde, vorbei an Lastwägen, voller bedauernswerter Kreaturen, die auf den Tod warteten. Tränen der Wut und der Hilflosigkeit rannen jetzt ungehindert über ihre Wangen, doch es war ihr egal. Endlich stand sie in der Halle. Gerade noch rechtzeitig, denn sie sah, dass ein Mitarbeiter gerade dabei war, Mathilde das Bolzenschussgerät anzusetzen. Mit einem gezielten Tritt schlug Anne ihm dasselbe aus der Hand. „Sag mal, bist Du völlig bescheuert“, fuhr der Getretene sie an. „Nein, ich halte Dich nur vom Morden ab“, meinte sie, „Und ich hole mir meine Kuh und mein Kalb zurück.“ „Morden? Ich tue nur meine Arbeit. Ohne mich hast Du kein Fleisch auf dem Teller“, meinte er. „Auf meinem Teller ist mit Dir und ohne Dich kein Fleisch, denn ich esse nichts von Lebewesen“, meinte Anna nur, um Mathilde am Strick zu nehmen, ebenso wie Moritz, der sich dicht an seine Mutter gedrängt hatte. „Hey, ich habe dafür gezahlt“, meinte der Mitarbeiter in Ermangelung anderer Argumente. Anna sah ihn an, griff in die Tasche und holte ein paar Scheine heraus, um sie ihm vor die Füße zu werfen, mitten in eine Blutlache. „Da, Dein Blutgeld“, sagte sie, was es auch tatsächlich war. Damit drehte sie sich um und ging. Mathilde und Moritz folgten ihr. Ob sie wussten, dass sie gerade um Haaresbreite dem Tod entronnen waren? Gerade erst auf die Welt gekommen, wären sie brutalst ermordet worden, bloß um die widerlichen Gelüste der Menschen zu befriedigen. Am liebsten hätte sie alle mitgenommen, alle, die in der Halle anstanden, alle, die voller Angst in den LKWs warten mussten, aber es ging nicht. Diese beiden, die konnte sie retten. Und sie träumte von dem Tag, an dem kein einziges Lebewesen mehr für den menschlichen Genuss eingesperrt, misshandelt und ermordet wurde.
Anna ging ein Stück die Straße entlang, bevor sie auf einen Feldweg abbog, auf dem sie den beiden endlich den Strick abnehmen konnte. Brav trotteten sie hinter ihr her. „Was für ein Vertrauen sie in mich haben“, dachte Anna, „Sie fragen nicht, wohin wir gehen, sie gehen einfach mit, ganz egal wohin es geht.“ Da fiel Anna ein, dass sie gar nicht wusste, wohin sie gehen sollte. Auf einer freien Wiese machte sie Halt und setzte sich ins Gras, während die beiden Vierbeiner sich am Gras gütlich taten. Es war ja schön und gut, dass Anna sie gerettet hatte, aber was sollte sie jetzt machen? In dem Moment vernahm sie eine angenehme Stimme hinter sich, so dass sie sich zu dieser umdrehte. „Hallo! Wohin bist Du unterwegs mit den beiden Schönen?“, fragte eine fremde Frau, doch die Art der Ansprache gab Anna Hoffnung. „Ich muss gestehen, ich weiß es nicht“, meinte diese, „Ich dachte nur daran, dass ich sie vom Schlachthof retten muss, was mir auch gelang. Aber was dann, darüber dachte ich nicht nach.“ „Wenn Du einen Platz suchst, dann hätte ich einen“, meinte die Frau, „Mein Name ist Zoe und ich wohne auf einem Lebenshof.“ „Anna“, stellte sich Anna vor, glücklich darüber, dass Mathilde und Moritz gemeinsam einen Platz gefunden hatten, auf dem sie für immer glücklich leben durften.
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