Unverhofft vegan (3)

Sabrina sah ihn lange an, bevor sie erwiderte: „Isst Du Fleisch?“
„Ja, aber nur ganz wenig und …“, versuchte Detlev ihr zu versichern.
„Ich habe nicht gefragt, wie viel oder wenig oder sonst etwas, sondern nur, ob Du es tust“, schnitt sie ihm das Wort ab, „Hast Du es mir erzählt? Ich meine, dass Du Dich so ernährst?“
„Nein, aber das ist doch normal. Die meisten Menschen essen Fleisch“, meinte er ausweichend, „Das muss man nicht erzählen. Das setzt man voraus. Aber wenn wer vegan ist, dann muss man das sagen.“
„Meinst Du so, wie man gleich von Anfang an sagen muss, dass man homosexuell ist, weil es normal ist heterosexuell zu sein?“, fragte sie weiter.
„Nun ja, wahrscheinlich, weil da macht sich wer Hoffnungen und denkt, die ist genauso normal wie ich und dann kommt das große Erwachen“, sagte er, eher unreflektiert, um dann erschrocken hinzuzusetzen, „Willst Du vielleicht auch noch sagen, dass Du lesbisch bist?“

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Unverhofft vegan (2)

Während sich Sabrina und Detlev bei ihren gemeinsamen Laufrunden immer besser kennenlernten, gewöhnte sich Detlev an Bakari. Er war ein Hund, der ihn beruhigte. Seine innere Unruhe wich in dem Moment, in dem er des Hundes ansichtig wurde. Es waren mittlerweile einige Wochen vergangen, als sich Detlev endlich ein Herz fasste und Sabrina fragte, ob sie nicht einmal miteinander ausgehen wollten, nicht verschwitzt und in normaler Kleidung.

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Unverhofft vegan (1)

Detlev fühlte sich beschwingt und lebensfroh, als er an diesem Morgen um 6.00 Uhr zu seiner üblichen Laufrunde startete. Um die Zeit war es noch sehr ruhig in dem kleinen Wäldchen, das nahe seiner Wohnung lag. Es tat gut, für sich allein und dennoch draußen zu sein. Doch es war nicht die Morgenfrische alleine, die ihn in eine solche Hochstimmung versetzte, sondern er hoffte das Mädchen mit den roten Kringellocken und dem großen braunen Hund wiederzusehen, die auch regelmäßig hier liefen. Montags, mittwochs und freitags, wie er festgestellt hatte. Und tatsächlich kamen sie, nachdem er die erste Biegung genommen hatte und die einzige etwas längere Gerade vor sich sah, in sein Blickfeld. Zügig, aber ohne Hast bewältigten die beiden, einträchtig nebeneinander, die Strecke, wobei der Hund mit seinen langen Beinen gerade mal einen leichten Trab benötigte, um mit seinem Frauchen Schritt zu halten.

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Mit dem Strick in der Hand

Wehmütig blickt er sich um, der Esel, den ich am Strick führe, zum ersten Mal, wehmütig zurück auf seine Weide und seine Kameraden. Die durften dort bleiben und weiter grasen und hin gehen wo sie wollen, zumindest innerhalb der Umzäunung, ohne Halfter, ohne Strick. Und die, die auf der Weide zurückblieben schauen denen nach, die weggeführt werden wohin sie wohl gehen, wann sie zurückkommen, kommen sie überhaupt zurück?

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Ich wünsche Dir eine Begegnung

Inmitten des Frühlings, der Zeit des Aufblühens, fühlte ich mich selbst Verblühen. Gerade zu der Zeit des Neubeginns, erahnte ich in mir ein Ende. Während jener hoffnungsfrohen Zeit, waltete in mir die Trostlosigkeit. Lähmende Verlassenheit und träge schleimige Abwesenheit von Geräuschen, nicht einmal Stille, herrschte in mir. Dort, wo es eben noch so reichlich gesprudelt hatte, war die Quelle versiegt, und als ich vor die Türe trat, bloß um die Runde um den See zu gehen, um etwas zu tun, als ich über die Wiese ging, ein bestimmtes Ziel vor Augen, das Weggehen, und die Wiederkunft, da sah ich ihn.

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Fische leiden ungehört

Tim ging jeden Tag, wenn er von der Schule nach Hause ging, am Mühlenweiher vorbei. Nicht direkt, um ganz ehrlich zu sein. Vielmehr nahm er einen Umweg von ungefähr zehn Minuten in Kauf, um seinen Freund zu besuchen. Er hatte ihn Red genannt, weil es sich um eine Rotfeder handelte, einen kleinen Fisch mit markanten Merkmalen. Auch wenn es seltsam anmuten mag, aber Tim, mit seinen gerade mal zehn Jahren hatte einen ausgeprägten Sinn für die Natur. Er fühlte sich ihr zutiefst verbunden. Wahrscheinlich legen die meisten Menschen das erst später in ihrem Leben ab. Tim jedenfalls konnte es noch, die Natur um sich einfach wahrzunehmen, wie sie war, ohne jegliche Ansprüche zu stellen. So hatte er es sich schon vor längerer Zeit zur Angewohnheit gemacht, eine Zeitlang auf dem Steg zu verweilen und das Wasser zu beobachten. Eines Tages geschah etwas, was wohl noch wenige Menschen erleben durften, aber die meisten Menschen hätten auch nicht die Geduld gehabt und die Absichtslosigkeit.

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