Leid vermehren durch Rettung (2)

„Mei schau, die Ferkal und die Saun“, sagte die Amalia und der Luis brauchte nicht zu schauen, auch der Schweinemäster war ein Freund von ihm und er kannte den Stall. Aber warum sollte er nicht auch ein Geschäft machen, der Franz.
„Bauer, gib ma a Sau und die Ferkal“, sprach die Amalia, als sie sah, wie schlimm es der Sau im Kastenstand ging. So gerne mochte sie sehen, dass sie auf der Wiese lag in einem Nest und die Kleinen umsorgte.
„Was willst damit?“, fragte der Franz, der noch nichts wusste.
„Ich will sie retten und ihnen ein gutes Leben geben“, erklärte die Amalia.
„Möchst leicht sagn, denen gangats net guat bei mir, ha, Frau?“, erzürnte sich der Franz.
„Ja, das ist es, und ich will sie retten“, meinte die Amalia resolut.
„Gib a Ruh, Franz, und lass sie reden“, meinte der Luis, „Das wird Dein Schaden nicht sein.“ Und der Franz verstand.

„Meinst, ich trenn mich so leicht von meine Sau, die ich liebe, wie als meine Kinder?“, fragte der Franz deshalb.

„Was willst?“, erwiderte die Amalia bloß.

„Wenn ich dran denk, dass die Sau noch viele Ferkln bekommen tät und sie mir am Herzen liegt …“
„Wie heißt sie denn?“, unterbrach ihn die Amalia.
„Wer?“, fragte der Bauer stirnrunzelnd.
„Na die Sau“, meinte die Amalia
„Seit wann ham Saun Namen?“, zeigte sich der Franz erstaunt.
„Deine Kinder haben auch welche“, erwiderte die Amalia pikiert.
„Ja, eh, also ja, eh, also Traude“, meinte der Franz, der in der Eile den Namen seiner werten Gattin nannte, weil ihm so schnell nichts anderes eingefallen war.
„Also, was willst für sie und die zehn Ferkln?“, wiederholte Amalia ihre Frage ein wenig genauer.
„Na ja, also, weils ma doch so ans Herz gwachsn sin und dann noch die Zukunft, sag ma, € 3.000,–, weils das halt auch so gern hast“, meinte der Franz. Und so gab Amalia dem dritten Landwirt die € 3.000,–, die sie zufällig dabei hatte, schließlich wusste man nie, was einem so widerfährt, wenn man so über die Flure flaniert und durch den Wald.
„Aber dafür bringst mas nach Hause“, erklärte die Amalia energisch, was auch der Bauer Franz gerne zu tun bereit war, denn für das Geld, da konnte er etliche frische Sauen kaufen statt der abgehalfterten, die immer schon schlecht geworfen hatte. Eine halbe Stunde später hielten sie bei der Amalia zu Hause an. Die Hühner kamen in den Hühnerstall. Amalia hatte zufällig einen. Die Kuh und das Kalb kamen in eine ehemalige Pferdebox, ebenso wie die Sau mit den Babies, die hatte Amalia auch. Zufrieden fuhren sie davon, die Bauern, der Luis, der Sepp und der Franz und bestellten gleich frische Hühner, Milchkühe und Sauen.

„Was hab ich doch für ein gutes Werk getan, alle gerettet“, parlierte Amalia des Abends mit Bruno Besenstiel, der sehr erstaunt war über ihre Neuerwerbungen.
„Wovor hast Du sie gerettet?“, fragte dieser nach.
„Na vor den bösen Bauern, die sie so schlecht halten, ganz anders als die im Fernsehen“, erklärte Amalia stolz, „Die werden das beste Leben haben und uns dann schmecken.“
„Das hört sich vernünftig an“, meinte der Bruno, der schon Angst gehabt hatte, die Amalia würde ihm nur mehr Salat geben vor lauter Tiere retten.
„Hallo Amalia!“, meldete sich die Nachbarin zu Wort, „Hast Du neue Tiere?“
„Hallo Coco!“, sagte Amalia, “Ja, zehn Hühner, ein Kalb, eine Kuh, eine Sau und zehn Ferkel.“ Und dann erzählte Amalia ihrer Nachbarin Coco die ganze Geschichte und verheimlichte auch nicht, was sie gezahlt hatte, denn die Retterin meinte, diese Coco, die so eine Veganerin und Tierschützerin war, würde sie beglückwünschen. Sonderbarer Weise passierte das nicht, ganz im Gegenteil.
„Du hast sie gerettet und den Bauern viel Geld gezahlt, damit sie die Lücken sofort wieder schließen. Die Rettung bedeutet, dass noch mehr leiden müssen. Du trägst dazu bei, dass das System der Ausbeutung, Misshandlung und Vernichtung noch besser läuft“, erklärte Coco.
„Aber diese habe ich gerettet und deshalb bin ich ein guter Mensch. Du rettest ja gar niemanden. Wenn alle vegan sind, dann gibt es keine Tiere mehr. Du nimmst ihnen das Leben noch bevor sie es haben. Deshalb ist es besser, was ich mache. Merk Dir das. Und sie werden mir schmecken“, sprachs und stapfte davon. Sie musste sich um ihr Essen, also um ihre Tiere kümmern.

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